ARBEIT MIT DEM «INNEREN KIND»
Das «Innere Kind» bezeichnet und symbolisiert die im Gehirn gespeicherten Gefühle, Erinnerungen und Erfahrungen aus der eigenen Kindheit. Hierzu gehört das ganze Spektrum intensiver Gefühle, wie unbändige Freude, abgrundtiefer Schmerz, Glück und Traurigkeit, Intuition und Neugierde, Gefühle von Verlassenheit, Angst oder Wut. Das Innere Kind umfasst alles innerhalb des Bereiches von Sein, Fühlen und Erleben, welches speziellen Gehirnarealen zugeordnet wird. Die Arbeit mit dem inneren Kind funktioniert nach dem Prinzip der beabsichtigten, bewussten, therapeutischen Ich-Spaltung zwischen dem beobachtenden, reflektierenden inneren Erwachsenen Ich und dem erlebenden inneren Kind.
(Wikipedia)
Die meisten haben ihr inneres Kind verdrängt oder ignorieren es. Unser Alter spielt keine Rolle, in uns allen ist ein kleines Kind, das Liebe, Geborgenheit und Anerkennung braucht. Jedes Alter, das wir durchleben, ist in unserem Bewusstsein, in unserem Gedächtnis, in unseren Zellen abgespeichert.
Wenn in der Kindheit etwas passiert, denkt ein kleines Kind, dass es dafür die Schuld trägt, dass es dafür verantwortlich ist, weil mit ihm etwas nicht stimmt, weil es «böse» ist. Kinder entwickeln die Vorstellung, dass sie von ihren Eltern geliebt und nicht mehr bestraft, nicht mehr geschlagen oder gar missbraucht werden würden, wenn es ihnen nur gelänge, alles richtig zu machen.
Ein Kind das sich etwas wünscht – vor allem reden wir hier von Liebe, Zärtlichkeit und Zuwendung – und nicht bekommt, glaubt «ich bin nicht gut genug». Dies wirkt für das ganze Leben als unbewusste Programmierung.
In uns gibt es auch einen inneren Vater und eine innere Mutter, die meiste Zeit schimpfen und tadeln diese das innere Kind. Beachten Sie einmal den inneren Dialog, den Sie mit sich selbst führen, dann wird Ihnen dieses Schimpfen und Tadeln auffallen. Meist widerhallt die Stimme der Eltern in uns ein Leben lang. Eine Stimme in uns kritisiert, wie es damals unsere Eltern taten. «Du bist dumm», «aus Dir wird nie etwas werden», «Du bist nicht gut genug», «Du kannst nichts richtig machen» usw…
Dies führt zu einem ständigen «Krieg» in uns selbst und wird im Laufe der Zeit zu einer festen Gewohnheit, die einem gar nicht mehr auffällt.
Bei unserer Geburt sind wir noch unser «Inneres Kind», der Kern unseres Wesens. Wir alle haben bereits als Baby und später als Kleinkind viele innere Verletzungen erfahren, jeder von uns. Obwohl diese meist nicht bewusst wahrgenommen wurden, machen sie uns trotzdem bis heute, im Erwachsenenalter, zu schaffen. Im Laufe des Lebens verlieren wir u.a. durch Kindheitstraumata oder durch eine wenig liebevolle Erziehung den Kontakt zu unserem Inneren Kind. Wir fühlen uns vielleicht einsam, nicht geliebt, hilflos oder opfern uns auf.
Das Innere Kind ist jener verletzte, bedürftige und oft verlassene Teil in uns, der sich auf tyrannische und selbstzerstörerische Weise äussern kann, dieser Teil will angenommen, verstanden, geliebt und damit erlöst werden. Was sind Verletzungen, die dazu führen, dass wir unser Inneres Kind in uns «verlieren», ich will sie hier einmal aufschreiben und jeder wird beim einen oder anderen erkennen, dass auch das für ihn selbst eine Verletzung darstellt.
beschämen, einengen, demütigen, erniedrigen, Liebe entziehen, Schuldgefühle vermitteln, nicht ernst nehmen, kritisieren, keinen Glauben schenken, blamieren, entwerten, manipulieren, verspotten, in die Irre führen, auslachen, missbilligen, an der Nase herumführen, Gefühle, Wünsche oder Bedürfnisse nicht ernst nehmen oder herabsetzend sagen: «Du sollst das und das nicht sein», z. B. nicht wütend sein, sagen: «Wenn du doch nur ein besserer Mensch wärst», o. ä., täuschen, Versprechen nicht halten, austricksen, falsche Hoffnungen wecken, herumschubsen, verletzen, grausam behandeln, unterdrücken, herabsetzen, einschüchtern, gönnerhaft behandeln, bedrohen, Angst einflössen, betrügen, kontrollieren.
Diese alten Verletzungen gilt es nun aufzuarbeiten, damit wir wieder frei und in Freude leben können. Wir dürfen unser Inneres Kind lieben und in unser Leben mit einbeziehen. Alte Ängste aus der Kindheit wollen aufgearbeitet und losgelassen werden.
Die meisten von uns haben kaum gelernt, in kritischen Situationen fürsorglich und unterstützend mit sich selbst umzugehen. Um uns vor Gefühlen von Unbehagen, Furcht oder Schmerz zu schützen, haben wir Mechanismen entwickelt, die uns von unseren Gefühlen abtrennen und somit unsere Lebendigkeit und Lebenslust reduzieren.
Der Prozess der Heilung des Inneren Kindes ist sehr tief greifend und wird es ermöglichen, Kindheitstraumata und die daraus resultierenden falschen Glaubensmuster, die unser gegenwärtiges Leben behindern, offen zu legen und zu heilen.
Das beinhaltet die Arbeit mit unseren Einstellungen (Gedanken), Gefühlen, dem Körper (der Gedanken und Gefühle ausdrückt).
Wenn unser Inneres Kind geheilt ist, verbessert sich die Beziehung zu uns selbst und zu anderen und ein Leben in kraftvoller, bedingungsloser Liebe, Freude und Freiheit öffnet sich. Wenn wir das Innere Kind verstehen lernen und liebevoll annehmen, wie es ist, nicht wie wir es haben wollen, findet eine nachträgliche Heilung statt. Die Heilung geschieht durch Bewusstwerdung – es ist der Anfang der Heilung.
(Welltouch.ch)
Ausgangsvorstellung der therapeutischen Arbeit
Hat das Kind in der Vergangenheit viel Schmerz oder Traumatisierungen erlebt, wird es möglicherweise vom inneren Erwachsenen abgetrennt. Der Erwachsene will sich damit davor schützen, den Schmerz des Kindes zu fühlen und lehnt es ab, die Verantwortung für es zu übernehmen. Er möchte die eigene Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein nicht spüren oder fühlt sich überfordert, das Kind zu versorgen. So haben viele Menschen beim Heranwachsen gelernt, den Zugang zu ihrem Inneren Kind zu drosseln oder abzuschneiden, um bestimmte Gefühle nicht mehr fühlen zu müssen. Das Problem entsteht, weil es nicht möglich ist, nur die schlimmen Gefühle auszuklammern, sondern gleichzeitig der Zugang zu den positiven Gefühlen versperrt wird.
Das abgelehnte Innere Kind empfindet sich dann als unzulänglich, schlecht, nicht liebenswert und entwickelt intensive Gefühle von Schuld und Scham. Es lernt, sich davor zu fürchten, dass die Menschen es verlassen und zurückweisen. Dieses «ungeliebte Kind» lebt in der ständigen Erwartung zurückgewiesen zu werden und projiziert diese Erwartung auf andere Menschen, unterstellt ihnen, es permanent abzulehnen. So kann beispielsweise geringfügige Kritik durch den Partner panische Angst auslösen, weil das innere Kind diese Kritik mit altbekannten Gefühlen von Angst vor Strafe und Zurückweisung verbindet, und eine an sich harmlose Situation kann unangemessen eskalieren.
Der «lieblose Erwachsene», der das Kind nicht annimmt, verhält sich so, wie unsere Eltern oder andere Bezugspersonen uns geprägt haben. Er handelt nach falschen Glaubensmustern/Widerstandsmustern zum inneren Kind, zum Beispiel:
- Ich kann mich selbst nicht glücklich machen, andere können das besser als ich.
- Andere sind für meine Gefühle verantwortlich und ich bin für ihre verantwortlich.
- Ich wäre egoistisch und falsch, wenn ich mich selbst glücklich machte.
- Im Grunde meines Wesens bin ich schlecht.
- Am besten ist es, Bedürfnisse nach Liebe und Zuwendung wegzuschieben.
Ablehnende Haltung gegenüber dem inneren Kind
Chopich und Paul betrachten eine ablehnende Haltung gegenüber der Arbeit mit dem inneren Kind als Widerstand in einem ähnlichen Sinne wie die klassische Psychoanalyse Widerstände versteht. Sie glauben, dass sich in der Ablehnung der Arbeit mit dem inneren Kind eine frühere real erfahrene Ablehnung des Kindes spiegelt und dass sich das in Aussagen wie diesen ausdrückt:
- In mir gibt es kein inneres Kind, andere haben es vielleicht, ich aber nicht.
- Niemand an meinem Arbeitsplatz würde mich noch respektieren, wenn ich kindlich wäre.
- Ich werde nie etwas zustande bringen, wenn ich das Kind in mir rauslasse.
- Ich kann dem Kind nicht vertrauen, es wird mir nur Ärger machen.
- Wenn ich mich meinem Kind öffne, werde ich die Kontrolle über mein Leben verlieren.
Zielvorstellung der therapeutischen Arbeit
Das Ziel einer Therapie ist, eine liebevolle innere Verbindung zwischen dem Inneren Kind und dem liebevollen Erwachsenen herzustellen um (wieder) Zugang zu den tiefen Quellen der Freude, Wahrnehmung und Intuition zu erlangen.
Es ist nötig, dass der innere Erwachsene sich dafür entscheidet, das Kind anzunehmen und sich mit seiner «inneren Wahrheit» zu verbinden. Sie ist für den Erwachsenen eine Orientierung dabei, die falschen Glaubensmuster zu beseitigen und bessere Glaubenssätze zu finden, nach denen er leben möchte. Wenn das Innere Kind angenommen wird, können solche guten Glaubenssätze heissen:
- Ich bin selbst verantwortlich für mein Glück.
- Ich bin bereit, meine Gefühle wahrzunehmen und anzunehmen.
- Ich bin offen für Neues und Veränderungen in meinem Leben.
- Ich bin stark genug, für mich selbst zu sorgen und für mein Wohlgefühl die Verantwortung zu übernehmen.
- Ich darf neugierig und verspielt, albern und spontan, lebendig und sensibel sein.
- Ich darf aber auch zornig und traurig sein, denn durch meine Selbstliebe erkenne ich, dass alle Gefühle wichtige Teile meiner selbst sind.
Mit der Übernahme der Selbstverantwortung wird der Mensch mehr und mehr unabhängig von der Meinung und dem Wohlwollen anderer, was nicht bedeutet, dass er sich über Zuwendung anderer nicht mehr freut. Jedoch erkennt er, dass er weder körperlich noch seelisch umkommt, wenn eine Lebenssituation es nötig macht, dass er für sein Wohlergehen selbst sorgen muss.
Idealvorstellung der inneren Verbindung
Steht der Mensch mit seinem Inneren Kind in einer liebevollen Verbindung, erlebt er das ganze Leben anders: Er fühlt sich liebevoll mit den Menschen und mit der gesamten Natur verbunden, weil er mit sich selbst verbunden ist. Diese innere Verbindung ist eine grosse Kraftquelle und stellt eine Ressource dar.
Das Innere Kind in der Psychotherapie
Die konzeptionelle Vorstellung eines inneren Kindes als Anteil der Persönlichkeit wird in vielen Psychotherapierichtungen genutzt und war schon in Freuds psychoanalytischen Theorien implizit angelegt, wurde aber lange Zeit nicht so benannt. Das Modell vom Inneren Kind findet unter anderem in folgenden therapeutischen Richtungen Anwendung:
Der Transaktionsanalyse von Eric Berne
Dem «Kind-Ich» werden hier weitere fiktive «Innere Instanzen» beigeordnet. Das «Erwachsenen-Ich» wird zum «inneren (liebenden) Erwachsenen» oder zum «Inneren Regisseur», das «Eltern-Ich» wird zum «Inneren Manager». Der Regisseur/innere Erwachsene steht dabei für die Entscheidungsebene, den Mittler, der den spontanen Impulsen des Inneren Kindes sowie den sehr kopflastigen Entscheidungen des Inneren Managers eine für die Situation angemessene Entscheidung entgegenstellen soll.
Die Schematherapie
. . . arbeitet mittels Imagination mit verschiedenen Kind-Modi (verletztes, verärgertes, undiszipliniertes, glückliches Kind) und mit sogenannten «maladaptiven Schemata», die den falschen Glaubensmustern/Lebensmustern entsprechen. Über imaginatives Rollenspiel und «Reparenting» durch den Therapeuten soll der «gesunde Erwachsene» modellhaft erfahren und installiert werden, um für das Innere Kind zukünftig zu sorgen.
[3] S. 233, 341/2
Die Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie (PITT)
Das innere Kind kann dabei auf einer fiktiven «inneren Bühne» an einen inneren «sicheren Ort» gebracht und dort von idealen «Helferwesen» versorgt und beschützt werden. In der Stabilisierungsphase der PITT kann ein spezielles Skillstraining, das Elemente aus der Dialektisch-Behavioralen verwendet, auch für eine Gruppe «Erwachsene mit inneren Problemkindern» eingesetzt werden.
Die Katathym-Imaginative Psychotherapie
. . . arbeitet mit ähnlichen Bildern wie die Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie.
In der Ego-State-Therapie werden das Innere Kind oder die Inneren Kinder als verschiedene Ego-States verstanden. (Reddemann 2004 Imagination… S. 121) Die psychodynamische Sichtweise neuerer Entwicklungen entfernt sich von der Vorstellung einer homogenen Persönlichkeit und betrachtet innerseelische Vorgänge als ein Beziehungssystem von Ich- Zuständen die miteinander in Kontakt stehen und im Krankheitsfall den Kontakt mehr oder weniger verlieren.
(Peichl 2007 Innere Kinder, …)
Das Bonding (Psychotherapie) arbeitet nicht mit inneren Anteilen wie «Inneres Kind», jedoch mit den zugehörigen Gefühlen und Glaubensmustern aus der Kindheit.
Die Hakomi-Methode ist ein körperpsychotherapeutischer Ansatz, der über die Körperwahrnehmung den Zugang zum inneren Kind sucht und bei der Arbeit mit dem inneren Kind körperliche Empfindungen in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt.
Beim «Imaginativen Reprozessieren» im Rahmen der EMDR-Therapie/Eye Movement Desensitization and Reprocessing bearbeitet der Patient seine Erinnerungen in symbolisch-metaphorischer Form. Dabei finden häufig spontan Prozesse statt, die der Inneren-Kind-Arbeit entsprechen.
(Hofmann 2006 S. 64)
Die Systemische Therapie findet in Form von Innerer-Kind-Arbeit Anwendung auf innere Prozesse. Sie geht von der Multiplizität der Persönlichkeit aus mit Anteilen und einem führenden, vermittelndem Selbst, zwischen denen ein gesunder Gleichgewichtszustand angestrebt wird, wobei sie mit Ressourcen und Grenzsetzung versorgt werden.
Die therapeutische Arbeit mit dem Inneren-Kind-Ansatz hat sich als sehr effektiv erwiesen. Wenn sich Patienten mit dieser Arbeit vertraut machen können, führt dies zu einem erheblichen Zuwachs an Selbstberuhigungskompetenz.
Es fällt auf, wie schnell sich Menschen verändern, wenn sie mit dem inneren Kind arbeiten. Diese Veränderung ist sehr tiefgreifend und setzt ein hohes Mass an Kraft und Kreativität frei, wenn die Wunden der Vergangenheit geheilt sind.
(Wikipedia)